Corona-Gedanken
Montag, 2020-03-16 | 23:13:22 CET
Die Schraube hat sich wie erwartet weitergedreht, wenn auch unerwartet schnell. Die Infektionsraten sind immer noch zu hoch, ein Teil der Menschen hat die Empfehlungen nicht ernst genug genommen. Ab Mitternacht befindet sich die Schweiz im »Lockdown«, die Armee unterstützt mit 8000 Mann.
Das Ganze bekommt langsam etwas Apokalyptisches. Der Weg bis zum Schreibtisch im Geschäft kommt einem vor wie eine gefährliche Expedition durch ein Kriegsgebiet, wenn auch eines mit einem unsichtbaren Gegner. Klinken fasst man nur noch mit Papier an, oder vermeidet den Handeinsatz mit geschickten Verrenkungen ganz. Jedes Husten wird mit argwöhnischen Blicken bedacht. Erste Amtshandlung am Morgen ist das Abwischen von Tisch, Tastatur und Maus mit einem Desinfektionstüchlein, das dem Corona-Virus vermutlich eh nicht gewachsen ist. Und so, mit Anflügen unterdrückter Panik, wird es Wochen oder Monate weitergehen, in denen Leute lieber einen grossen Ausweichbogen durch die Wiese machen, als direkt an einem vorbeizulaufen. Ich prophezeie, dass das ganze Malheur auch langfristig deutliche Spuren in der Psyche und dem Verhalten der Menschen hinerlassen wird. Ist die Welle mal vorbei, wird man sich ausgiebig mit den herangezüchteten Angstörungen, Waschzwängen, Schlafproblemen, Depressionen und Hautkrankheiten dank zuviel Desinfektionsmittel herumschlagen dürfen. Ziemlich bald werden wir es auch mit zahlreichen verhunzten Frisuren zu tun bekommen: Coiffeure dürfen nicht mehr arbeiten. Da tun sich neue Einsatzgebiete für die Papierschere im heimischen Büro auf!
Neben Ängsten und einigen hässlichen Charakterzügen der lieben Mitmenschen offenbaren sich aber auch die guten Seiten: es ist ein Gemeinsamkeitsgefühl, eine Solidarität zu spüren. Wir sitzen ja doch alle gemeinsam in diesem Mist.
Jan, ich hoffe, es geht euch noch gut?
von Schubsi - Dienstag, 2020-03-24 | 11:50:28 CET
Hallo Jan, ich hoffe, es geht noch allen gut? Bei uns ist noch jeder gesund …
Schön in dieser Zeit finde ich die unterschiedlichen Mentalitäten der unterschiedlichen Völker zu beobachten: die Franzosen kaufen vermehrt Rotwein und Kondome, die Niederländer haben sich vor Schließung der Coffeeshops noch mal ordentlich mit Gras eingedeckt, wir Deutschen kaufen Klopapier (warum auch immer, das Virus geht auf die Lunge, nicht auf den Darm) und Nudeln und die Amerikaner Munition und Waffen …
In diesem Sinne drücken wir die Daumen, dass die Welt da halbwegs glimpflich (gesundheitlich und wirtschaftlich) durch kommt und schauen derweil Outbreak und Contagion, denn es hätte auch schlimmer kommen können.
Jaja, danke …
von Jan - Dienstag, 2020-03-24 | 21:52:23 CET
… im Prinzip sollte ich nicht klagen. Wir sind mittlerweile nahezu ausschliesslich zuhause und arbeiten vom Home Office aus (ich werde am Freitag mal wieder im Büro sein). Die eigenen Wände werden sonst nur für mittägliche Spaziergänge und kleine Einkäufe verlassen. Wir sind wohlauf, und haben es dank viel Wohnfläche und einem weiten Blick über das Tal angenehmer als mancher andere – trotzdem droht einem auf Dauer die Decke etwas auf den Kopf zu fallen. Im Moment alles gut also, aber wenn das noch Monate so weiter geht …


